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Erziehungsfolgen werden noch immer als „Veranlagung“ missverstanden. Warum?
Was lässt diesen verhängnisvollen Irrtum so lange überdauern?  So dass von der „Schwarzen Pädagogik“, die verantwortlich ist für unsere grauenvolle Vergangenheit, heute keiner mehr etwas zu wissen scheint?

In diesem Text versuche ich zu verstehen und verstehbar zu machen, wie die gegenwärtige politische Haltung zustande kommen konnte, die – zum wachsenden Befremden “des Volkes“ – zu handeln scheint, als ginge es ihr um „Groß GEGEN Klein“, „Mächtig GEGEN Schwach“. Mit anderen Worten: WARUM verhalten sich unsere Mächtigen so, als ob die Nicht-Mächtigen „zu bestrafende Kinder“ seien? Das betrifft nicht nur die Bedürftigen, die Abhängigen – nicht nur die Kinder und Jugendlichen –, es betrifft auch die Kranken, die Rentner, „die Alten“, vor allem aber die Arbeitslosen, die
Hartz-IV-Empfänger – also das große Heer der sozial Schwachen: „DIE ARMEN“.

WARUM handeln unsere Mächtigen im Land und an der Regierung, so als ob die Nicht-Mächtigen ihre GEGNER wären? Die man spüren lassen müsse, wer jetzt das Sagen hat, wer „die Macht“ hat -  wer jetzt „die Elternrolle spielt“?
Und das geschieht GEGEN alle, „die etwas brauchen“, damit also in der abhängigen und „schwachen“ Position sind ! Ist es nicht genau das, was die meisten von uns als vertraut aus Kindertagen her kennen: dass ihnen das Leben NICHT erleichtert, sondern erschwert wurde von den geliebten Mächtigen, die uns erzogen haben ?

Und so geschieht es, dass diejenigen, die ohnehin wenig haben, in Not sind, auch noch Behinderungen erfahren; Beschränkungen, Einengung, Verbote und Kürzungen hinnehmen müssen.
Was als „Strafe“ und eine ungeheuerliche Ungerechtigkeit empfunden wird – jedenfalls in letzter Zeit. Seit mehr als 10 Jahren gibt es den Sozialabbau.
 

Und was steckt dahinter ? Die uralte „gute“ Erziehungstradition: Wer sich früh an unerbittliche Macht anpassen musste, kann sich als Erwachsener in einer Machtposition nur um den „Erhalt der Macht“ kümmern, deren „Unfehlbarkeit“ man sich durch Anpassung  „verdient“ hat.  Die Nicht-Mächtigen, das sind die „Dissidenten“! Die „Unfähigen“! Die „Schwächlinge“! Die aber als potentielle Gegner behandelt werden, weil sie nach der Ideologie der Machtanpassung unbedingt aus ihrer Ohnmachtssituation herauskommen wollen - auf Kosten der Mächtigen, indem sie ihnen ihren Besitz, ihr Geld, „ihre Macht entreißen“: So einfach ist die Logik der Machtanpassung. „Entweder Macht oder Ohnmacht“.

Die 11% Reduktion des Spitzensteuersatzes – das war sozial angedacht – sollte die Kapitaleigner dazu anregen, die dadurch ersparten Einnahmen für Investitionen zu nutzen, durch die neue Arbeitsplätze geschaffen würden. 
Das ist aber nicht erfolgt.
Darüber Kontrolle auszuüben wäre einem Sakrileg nahegekommen. Und warum? Weil die Mächtigen als Elternrollenspieler „erhaben“ sind wie dereinst ihre eigenen Eltern – erhaben über jeden Zweifel. Denn „der Mächtige macht keine Fehler“ und „wer die Macht hat, hat zugleich auch das Recht auf seiner Seite“. Wollen wir das noch?
Bei diesem befremdlichen Verhalten der Obrigkeit entsteht doch der Eindruck, die Regierungsparteien wollten mutwillig ihre Wähler vergraulen.
Wie man aber erkennen muss, liegt hier ein völlig unbewusstes Verhalten vor, das sich nur im Sinne des traditionellen Machtmissbrauchs verstehen lässt. Denn wir Christen sollten uns eigentlich dringend darauf besinnen, was unserem  Religionsstifter das Wichtigste war. Christus sagte: „Was Du dem Ärmsten der Armen hast getan, das hast Du mir getan“.

Wieso brauchen wir so lange um wieder zu realisieren, dass alles, was in unserer Kindheit unverkraftbar war und ins Unbewusste verdrängt werden musste, sich im täglichen Leben an gegenwärtigen Beziehungen wiederholt? Es unterliegt dem Wiederholungszwang der Seele, Verdrängtes szenisch in der Gegenwart zu revitalisieren, um die gebundene Energie wiederzugewinnen, die im Verdrängungsvorgang verlorengegangen ist bzw. gebunden bleibt (wie in einem Speicher).
Wiederholt wird, einem Automatismus gleich (um unerträgliches Erleben von damals loszuwerden)  <<die alte Szene >> , die unverkraftbar war,  um sie in der Gegenwart  – jetzt - für sich selbst zu verbessern bzw. wiedergutzumachen.
Das geschieht meistens, indem ein anderer nun die eigene erlittene Opferrolle zugewiesen bekommt – und zwar sofern er als schwächer und damit als „ungefährlich“ wahrgenommen wird. Dieser unbewusste „Machtmissbrauch“ funktioniert sozusagen absichtslos und bedingt unsere alltäglichen Konflikte miteinander.
Ein klärender Dialog – wenn  beide  Kontrahenten ihn wollen – kann im ERINNERN an das ehemals real Erlittene, das dem gegenwärtigen Konflikt zugrundeliegt, die gebundenen Gefühle wieder freisetzen und gegenseitiges Verständnis schaffen. So kann sich weiteres Ausagieren dieses Beziehungstraumas erübrigen.

Aufarbeitende (analytische) Psychotherapie nützt dieses „Übertragungsphänomen“  zur Behandlung seelischer Symptome. Voraussetzung aber für eine solche Therapie ist ein Leidensdruck, der durch ein Konfliktbewusstsein entsteht – das Wahrnehmen, dass man selbst in unerwünschte Gefühle und Situationen hineingerät, die man sich (zunächst) nicht erklären kann und gegen die man mit Vernunft und Selbstkontrolle keinen Einfluss zu haben scheint.
Nur ein Mensch, der Selbstzweifel kennt, ist analysefähig.

Wer durch erzwungene Anpassung, („die gute alte Erziehung“), die „Unfehlbarkeitsverpflichtung“ geerbt hat, der darf gar nicht den Gedanken zulassen, etwas an sich selbst verändern, verbessern zu wollen (gar verbessern zu müssen). Durch „nahtlose Kongruenz“ mit dem mächtigen frühen Erzieher – „MACHT ist frei von Schwächen und KANN SICH GAR NICHT IRREN“ – käme ein Infragestellen der eigenen Machtvollkommenheit dem „Verrat an der Macht“ gleich und würde (früher zweifelsfrei) -  todeswürdig sein.
Wir können uns gar nicht genug vor Augen führen, warum die Schwarze Pädagogik diese entwicklungshemmende Erziehungsfolge haben musste: In der Machtanpassung, in der Identifikation mit dem machtvollen Erzieher -  im sofortigen Gehorsam - wird die Unfehlbarkeit des Mächtigen erworben: „Die Macht hat das Recht und die Macht ist immer im Recht!“
(Hier fallen uns doch, ob wir wollen oder nicht, so manche Parlamentsdebatten recht unangenehm  - und illustrativ  -  wieder ein...  .)

Absoluter Gehorsam kennt keine seelisch-geistige Weiterentwicklung.
Machtanpassung verlangt Stagnation. (Unter der wir zunehmend leiden, je mehr wir uns dessen bewusst werden.) Früherlittener Zwang zum Parieren aufs Wort blockiert jede geistige Evolution, verbietet „jede Veränderung im Denken“ – weil „das Chaos der Revolution“ als tödlich gefürchtet wird, als Gefahr, die den Herrschenden „die Macht entreißen“ würde.

Verstehbar wird unsere gegenwärtige „Krise“ damit durchaus... sie decouvriert sich aber zunehmend – denn darauf basiert ihre Entstehung – als grausam und unmenschlich motiviert in Kriegen  - und als rücksichtlos und gefühlsverarmt im Umgang mit Geld
  - so auch im Umgang mit „den Armen in diesem Land“.

Die große Kluft zwischen Charakter- und Symptom(neurose):

Ein „Charakter“ ist durch Anpassung „stabil“ geworden. Durch ERZWUNGENE Anpassung entsteht als vorbildlich das Ideal des achtenswerten Erwachsenen, der selbstüberzeugt, wortgewaltig und rücksichtslos auftritt, als „vertrauenswürdige Stärke“ missverstanden. (Hitler konnte deshalb bei uns „an die Macht“ kommen.)

Der Unterschied zwischen Charakter- und Symptomneurose ist am ehesten dadurch definiert, wofür sich jemand einsetzt. Ob er sich für den Erhalt der MACHT einsetzt oder ob er sich für die Benachteiligten, die „Weniger-Mächtigen“, SOZIAL engagiert.

Wer seelisch leidensfähig ist, der ist meistens auch fähig, sich zu erinnern - an die Gefühle des Kindes, das er selbst einmal war. Und deshalb ist er sozial engagiert, setzt sich für die Bedürftigen ein, für die, die nicht zu den Mächtigen gehören. Das sind nicht nur die Obdachlosen, die Verarmten, die Kranken, die Arbeitslosen, die alten Menschen – das sind besonders auch die Kinder, die Heranwachsenden, die dringend Unterstützung brauchen, ein Vorbild brauchen für ein sinnvolles Leben in gegenseitiger Wertschätzung und Sympathie.
NICHT das Leben in verherrlichter Konkurrenz, in Geringschätzung und Feindseligkeit gegenüber dem jeweils „Kleineren und Schwächeren“ – als dem „Unwichtigen weil Machtlosen“, als „bedeutungslos“ abgewertet und damit misshandelt und völlig missverstanden.   (Der Hass des Ungeliebten hat erschreckende Auswirkungen, tritt den am Boden Liegenden, bis er nicht mehr atmet. Er ist verantwortlich für Amoklauf, Mord in Familien, für Völkermord.)

Wer aber machtidentifiziert werden musste, kann es sich gar nicht leisten, sich für „die Schwachen, Verachteten, die Nichtskönner“ einzusetzen: Unter der Idee, er würde damit den „Pakt mit der (gnadenlosen) Macht“ verraten und die Strafe (mindestens) durch Verstoßung riskieren.

Je mehr wir uns mit der Schwarzen Pädagogik endlich wieder auseinandersetzen um zu begreifen, was Deutschland zum legalisierten Töten von Minderheiten gebracht hat – in einem Ausmaß, das dem „aufgeklärten Geist des 20. Jahrhunderts“ aber auch in gar nichts entsprach und heute gerne durch „die Gene des Bösen“ erklärt bleiben möchte -  fangen wir an zu realisieren, dass der durch „Erziehung“ verbrochene „Gefühlstod“ des geschockten, terrorisierten kleinen Kindes für das mangelhafte bis fehlende Mitgefühl - für die Not, das Leid eines Opfers -  verantwortlich ist!

Kinder sind in früheren Generationen in unserem Land als  „Erziehungsobjekte“ behandelt worden, deren „böse Anlagen“ nur mit äußerster Strenge und Gewalt zu bändigen wären. Behandelt wie Feinde, wurde für diese Kinder „die Welt, die Familie, die Schule, - dieses Leben“  ein Ort des Schreckens, der nur durch Gefühlsverdrängung in Unterwerfung und Identifikation mit der feindseligen Haltung der Erzieher zu verkraften war.

Wer sich schon früh an Härte, an unerbittliche Strenge, anpassen musste um in dieser bedrohlichen, lieblosen Umwelt überleben zu können, der hat seine Gefühle aus dem Bewusstsein verdrängen müssen : vor allem Angst, Entsetzen, Trauer, also reaktive Gefühle, die dem Erziehungsterror entsprachen. Und die dem Erwachsenen dann fehlen. Denn wie hätte er fähig bleiben können, sich in das Leid eines verzweifelt schreienden Kindes einzuleben, das er ja selbst einmal war VOR der Anpassung, VOR der Selbstaufgabe in der erzwungenen Unterwerfung?

Auch heute noch kann das Schreien eines Säuglings starke Aggressionen bei einem Elternteil auslösen, die für den hilflosen Säugling lebensgefährlich werden können. Hier liegen dem immer eigene, entsprechende traumatische Erfahrungen der Eltern zugrunde, die in Verdrängung gehen mussten. Diese Erfahrungen reinszenieren sich, einem Automatismus gleich, wenn die gegenwärtige Situation das eigene Erlittene wiederbelebt: jetzt und diesmal aber in der Täterrolle gegenüber dem Schwachen, Kleinen, das sich nicht wehren kann. Wie man sich ehemals selbst auch nicht hat wehren können, den Aggressionen eines unerbittlichen, verständnislos gewordenen Erziehers schutzlos ausgeliefert.

Wir können nicht erwarten, dass ein früh zum sofortigen Gehorsam erzogener Mensch fähig bleibt, sich in das Leid eines misshandelten Opfers einzufühlen, das er bis zur Verdrängung ja selbst war. Und nie wieder sein will. Aber dies garantiert ihm nur „der Pakt mit der Macht“.
Unverkraftetes im Umgang mit geliebten Menschen wird vom Bewusstsein abgespalten, wenn wir noch hilflos sind, abhängig und bedürftig nach einer schützenden mütterlichen Liebe, nach der frühen Liebe, ohne die wir allein noch gar nicht überleben können.


Es kann nicht oft genug betont werden, dass das Phänomen der Verdrängung unser gesamtes familiäres und öffentliches Leben bestimmt, da aus dem Bewusstsein Verdrängtes als nicht existent gilt, weil es nicht mehr erinnert wird
.

Hier liegt auch die (psychogenetische) Begründung für das erschütternde Phänomen, dass erst jetzt langsam die Not eines misshandelten Opfers öffentliche Anteilnahme erfährt. Bislang galt dem Täter in vielen Fällen oft eine insgeheime Bewunderung, die auch nur aus eigenem Erleben in gelungener Unterordnung unter eine  bedrohliche Macht herzuleiten ist (vgl. „Machtstreben als Elternrollenspiel“).

Aus derselben Dynamik – der durch erzwungene Gefühlsverdrängung blockierten Einfühlung und damit dem totalen Mangel an Vorstellungsvermögen, überhaupt den Zustand, die Not eines Hungernden zu realisieren -  resultiert die furchtbare Wahrheit, dass wir Wohlhabenden der Welt – der geistig-seelischen Evolution des Menschen zum Hohn – Millionen Verhungernde zu verantworten haben. Und das schon lange.
Wie denken wir darüber, dass die reichen, mächtigen Staaten der Erde beschlossen haben, die Anzahl der Hungertoten in der Welt „bis 2012 um die Hälfte zu verringern“ - ?
Es geht um erzwungene, erworbene Gefühllosigkeit. Das ist die schlimmste Erziehungsfolge. Wer nichts mehr fühlt, an Sympathie, an Vertrauen, an menschlichem Mitgefühl, keine Freude mehr hat am Kleinen, am Kind, das dankbar ist für Freundlichkeit, die es dringend braucht, um an eine „GUTE Macht“ zu glauben, die Schutz gibt, Fürsorge und Interesse hat an seinem Wohlergehen - wer seine eigenen kindlichen Bedürfnisse gar nicht mehr erinnern kann  –  was können wir von ihm überhaupt an sozialem Engagement erwarten? Sein Interesse gilt den Mächtigen, dem Erhalt der Macht, die er für „allein Leben erhaltend“ einzuschätzen gelernt hat. Unter Qualen und großem Verzicht, dazu (wie) abgerichtet.

Heute ist die 3. Generation nach dem Krieg erwachsen. Nach einem Krieg, der engstens mit dem frühen Zwang zum absoluten Gehorsam zu tun hat. Denn diese früher übliche Pädagogik, als brutale Entgleisung im Umgang mit dem Kind ausagiert, hat ein archaisches FEIND-Introjekt im Unterbewussten verankert, das „Krieg“ als „Endlösung“ begrüßt und verherrlicht. Und das ist die Folge dieser Erziehung.
Millionen von Säuglingen und Kleinkinder in unserem Land, von Generation zu Generation mit zunehmender Härte zum sofortigen Parieren gedrillt – das war bis in die sechziger Jahre des letzten Jahrhunderts als „Elternpflicht“ noch „normal“ – haben dann als Erwachsene -  „gewaltbereit und emotionsbefreit“ geworden -  innerhalb von 30 Jahren den Wahnsinn zweier Kriege „gegen-die-ganze-Welt“ fertig gebracht (reinszeniert).

Bei Identifikation mit einem gnadenlosen, als mörderisch erlebten Verhalten haben wir die Persönlichkeit des „willigen Vollstreckers“ vor uns, der „die Macht“ als „einzig lebenserhaltend“ idealisiert und gar nichts mehr hinterfragen will (kann). Zu fragen wäre gleichbedeutend mit dem „Verrat an der unfehlbaren Macht“.

Heute können wir allmählich begreifen, warum die deutsche Mehrheit damals Hitler als Retter begrüßt hat. Als Vorbild, Machtidol, als „Führer“. Es war (?) das als „erwachsen und stark“ geltende, vorbildliche Auftreten: selbstüberzeugt, wortgewaltig und rücksichtslos gegenüber allen, die als Feinde „erkannt und attackiert“ werden. Das war vor fast vier Generationen das erstrebenswerte Resultat der „guten alten Erziehung“.

Wenn wir an unsere machtbewussten Politiker denken -  diese werden auffällig als solche durch ihr Verhalten (als Interessenvertreter der „Großen und Mächtigen“), so erinnert deren eindeutige Feindsuche: ihre aggressive Attacke gegen den gefundenen Gegner, ihre Geringschätzung und Gehässigkeit, ihre Feindseligkeit gegenüber Andersdenkenden doch oft fatal an die gewalt- und kriegsbereite Haltung im faschistischen Deutschland.


Diese gefühllose Haltung wurde über Jahrzehnte als vorbildlich anerzogen. Haben wir uns davon schon erholt?
Gefühllosigkeit ist erzwungen, unter Abwehr von Todesangst!

Sie bedeutet die Verdrängung eigener Gefühle, die ehemals liebevoll und friedlich vertrauen wollten. Durch früherlittene grausame Erfahrungen aber wurden diese freundlichen Gefühle zu Hass, der zerstören will  - und der im Unbewussten wartet – „auf seine Stunde der Macht“.

Zur Antwort auf die Eingangsfrage:

Erziehungsfolgen können wegen fehlender Erinnerung nur noch als „Veranlagung“, als „genetisch bedingt“ aufgefasst und damit missverstanden werden. So entstand auch das Triebkonzept Freuds, das von der „angeborenen Aggressivität/Destruktivität des   Menschen“ -  besonders des Kindes -  ausging, die alle zwischenmenschlichen Konflikte erklären sollte.
Dieses Konzept aber diente lediglich der „Schonung der Eltern“, die als die Mächtigen fraglos „immer ihr Bestes für ihre Kinder getan haben“ (müssen).
Was aber konnten diese Eltern dafür, dass auch deren Eltern als Kinder durch die gnadenlose Erziehung der Schwarzen Pädagogik geprägt waren, die das Kleine, das Hilflose für „genetisch böse“ hielt und es deshalb einem strengen Zwang zum „Besserwerden“ auslieferte?
„Wer werfe den ersten Stein... “ ?

Um Klärung, um Verstehen aber geht es.
  Um Prävention geht es. Wenn wir endlich wissen, was verhindert werden soll und wie wir es verhindern können, das anerzogene Feinddenken durch den internalisierten „Kampf zwischen Macht und Ohnmacht“.

Wie viel unbewusst Gewordenes in der Gegenwart szenisch ausagiert wird, das wird besonders bei machtbewussten Menschen in der Öffentlichkeit erkennbar; oft als unverständlich, grotesk und widersinnig oder als inhuman und rücksichtslos empfunden (vgl. Bankenkrise, Sozialabbau, Parlamentsdebatten etc.).

Die „Härte des Lebens“ als Norm, als „Realität, an die man sich anpassen muss“ – und die Kreativität als „Chaos“ fürchten lässt – bedeutet „gewaltbereit und emotionsbefreit“ aufzutreten: „keine Schwäche zeigen“, dazu gehört: „keinen Fehler eingestehen“ - unter der Idee: „der Mächtige macht keine Fehler“. Wenn die Mächtigen unserer Kindheit „unfehlbar“ waren. Als Kinder schließen wir das daraus, weil kein Widerspruch, keine eigene Meinung geduldet wurde. Gewalt in der Erziehung hat eingeschüchtert. Und nur unter „absoluter Kongruenz“ mit dem machtvollen Erzieher konnte „dessen Unfehlbarkeit geerbt werden“.
In der Politik offenbart sich etliches in diesem Sinne; besonders in letzter Zeit.
„Das Volk“ ist stutzig geworden und macht sich seine Gedanken...

Zu den Debatten im Parlament: Ein Fortschritt ist, dass jedem im Volk Zugang zu den Auseinandersetzungen im Bundestag über das Fernsehen möglich gemacht wird.
Denn wie diskutiert wird, mit welcher Bereitschaft zum Konsens mit dem politischen Gegner, mit welchem emotionalen Engagement ein Politiker FÜR die gemeinsame Sache eintritt, FÜR die Zusammenarbeit um der gemeinsamen Aufgabe willen, nämlich im Interesse des Gesamten - FÜR DAS VOLK  - das lässt den entscheidenden Unterschied in der Persönlichkeitsentwicklung erkennen, der zu fundamental konträren  Haltungen geführt hat.
Da erlebe ich eindeutig Vertrautes, damit mir sympathisches Verhalten bei einer Reihe von Parlamentariern, deren Haltung und Vorgehen ich überzeugend finde, glaubwürdig und eindeutig sozial engagiert. Ich bin Kriegskind und habe noch den Faschismus erlebt. Und ich hatte im Laufe meines langen Lebens und Arbeitens in meinem wunderbaren Beruf viele Male die Chance, an ähnlichen Grunderfahrungen wie meinen eigenen zu begreifen, was uns so “FEIND-orientiert, gewalt- und kriegsbereit“ hat werden lassen. Niemand liebt freiwillig, wen er als FEIND erlebt hat. Als er noch, absolut abhängig, Schutz und Verständnis gebraucht hätte, in seiner frühesten Kindheit. Aber es bleibt manchem nichts anderes übrig, als das grausame Erleben als „richtig“ zu integrieren, als „normal“ und damit „vorbildlich“. Doch damit ist sein Verhängnis beschlossen. Er wird sich anpassen, bei jedem weiteren Beziehungserleben in seinem Erwachsenendasein, weil er wie dazu programmiert ist: in Anpassung und bewundernder Idealisierung gerade dessen, was ihm von seiner Umwelt zugemutet worden ist, wegen deren eigener Empathiestörung und Ignoranz.

Was wollen wir da von unseren traditionsbewussten Regierenden an Mitgefühl mit sozial Schwachen erwarten?
Nach früh erlebtem Erfahrungsmuster gilt „Entweder Macht oder Ohnmacht“. Und „Ohnmacht“ war unerträglich. Sie bedeutete, schutzlos ausgeliefert zu sein, verfolgt, gedrillt, geschockt. Das Machtlose war tödlich gefährdet. Die Ohnmacht, erlebt als furchtbare Kränkung, konnte nach der Machtanpassung nur noch als „verachtenswert“ wahrgenommen werden und als „selbstverschuldet“ abgelehnt. Verständlich, dass man nach diesem Erleben später vor der Ohnmacht (Hilflosigkeit) anderer auch die Augen verschließen muss ...  .
Das Machtlose hatte zu parieren, als winziger Mensch völlig angewiesen auf seine Umwelt, die in früheren Generationen -  schwer gestört -  nur „die Macht“ als Ideal und Vorbild kannte. Wie verständlich wird es doch, dass dieses Elend (des entmachteten Kindes) nie noch einmal erlebt werden will... Dazu aber wird unbewusst jemand anderer in diese hassenswerte Position (stellvertretend) „zurückversetzt“.

Mit Härte und Gewalt war das in jeder Generation die überwiegend gelungene Erziehungsfolge.
  Mit dem seit Jahrhunderten tradierten Verhängnis der Gefühlsverarmung und Gefühlskälte, die zum Ausagieren drängt – im Zerstören – im Vernichten des (internalisierten) „Feindes“ (der immer irgendwo gefunden wird).

Der Zwang zum Parieren zerstört die Gefühle, die das Zusammenleben lebenswert machen. Sympathie, zu der das Vertrauen in die Gutwilligkeit des Mächtigen gehört, Lebensfreude, Zärtlichkeit und die Liebe zu den Kleinen, Schwachen, Abhängigen ist die notwendige Voraussetzung dafür, dass sie sich dann gar nicht mehr klein, schwach und abhängig fühlen – Freundlichkeit lässt sie wachsen.

Eine grundsätzliche Umstellung ist im Gange und notwendig. Es geht um BEWUSSTWERDEN ODER AUSAGIEREN – um ERINNERN. Um Überwindung des Wiederholungszwangs im klärenden Dialog.

Ich hoffe, dass in unserem Land bald die kritische Masse derer erreicht ist, die keine Gewalt und keinen Zwang in ihrer frühen Kindheit erlebt und ausreichend liebevolle Zuwendung erfahren haben. Viele sind heute zum Aufarbeiten ihrer Vergangenheit fähig – über Erinnern – und damit zur Umstellung auf ein friedliches Miteinander. Das ist die Hoffnung aller, denen inzwischen bewusst geworden ist, wie gefährdet noch immer unser aller Überleben heute ist. Es ist unsere dringendste Aufgabe – die im Eigeninteresse eines jeden von uns liegt – allen zerstörerischen Tendenzen entgegenzuwirken, jeder in seinem eigenen Leben und Umfeld so gut er kann.

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